Geschichte der Ausstellung / Story of exhibition

Von italienischer Erde nach Polen

Ist Napoleon wirklich an allem schuld?  Klar, auch!

Keine Weihnachtsgeschichte, auch wenn das Jahr 2011 zu Ende ging. Vielmehr, wie „eine etwas andere Ausstellung“, -so nannte der Galerist Bartek Pniewski sie auf dem Plakat- entstanden ist.

Erstaunlich viele Beispiele kultureller Nähe zeichneten sich ab, als ich meine Fotos aus Italien und Polen ansah. Es war nicht nur das Kulinarische, denkt man an Ravioli und Piroggen. Oder den Räucherkäse aus der Bergregion Zakopane, den auch italienische Gourmets, allerdings als Scamorzine kennen.

In der Mythologie beider Nationen spielen Pferde eine ganz besondere Rolle, man denke nur an Filme von Andrzej Wajda oder die sardische Geschichte des Turms der zwölf Pferde in Muravera.

Der Maler Canaletto hatte in Dresden nicht das gefunden, was er erhofft hatte, (wen wundert es). Daher zog er weiter gen Osten, nach Warschau. Und malte dort die königliche Stadt. Das wurde zum großen Glück für den Wiederaufbau eines Teils der Altstadt nach Ende des II. Weltkriegs, nachdem auf Befehl Hitlers dort kein Stein auf dem anderen hatte bleiben dürfen. Als zynischer Höhepunkt der Zerstörung wurden auch alle Pläne der Stadt vernichtet. Das heute touristische Highlight Warschauer Altstadt konnte nach den Gemälden Canalettos rekonstruiert werden.

In der polnischen Stadt Zamość fühlt sich der Besucher wie in der Toskana. Erbaut wurde sie vom italienischen Architekten Bernardo Morando, der vom polnischen Heerführer Zamoyski engagiert worden war, nachdem dieser die Russen geschlagen hatte. Wer weiß schon, dass dieser Zamoyski Rektor der Universität Padua war?

Politische Agression im Graffiti der rechtsradikalen Fußball-Hoolygans in Cagliari und die Sicht des KGB-Chefs Kalinin auf den Nachbarn in den 20-ern Jahren als Schweinehund.

Irgendwann gab es 50 Paare an Foto-Beispielen italienisch-polnischer Nähe. Da wurde die Idee eines Kalenders geboren: 52 Fotos für 52 Wochen des Jahres. Für das letzte Paar existiert für Italien ein Foto der Malerei auf der Terrasse eines sardischen Cafés, eines wilden Reiters beim Angriff. Auf die Frage, wer das sei, erzählte der Wirt, das sei Guiseppe Garibaldi, der Freiheitskämpfer für die Einheit Italiens. Dazu fehlte nun das Pendant aus Polen, von denen es ja jede Menge gibt. Kein Wunder, fielen doch Völker aus allen Himmelsrichtungen in Polen ein, von denen es sich über Jahrhunderte zu befreien galt. Bei der Google-Suche tauchte ein Jan Henryk Dąbrowski auf.

Und da kam die „Erleuchtung“, dass es sich nicht um italienisch-polnische Zufalls-Ereignisse handelte, sondern die logische Folge aus der Historie. An dem Abenteuer der Polen in Italien ist Napoleon schon der Verantwortliche. Hatte er doch versprochen, das auf der europäischen Landkarte nicht mehr existente Land von seinen Besetzern Russen, Preußen und Österreichern zu befreien. Diese Vision begeisterte Dąbrowski und er zog mit seinen polnischen Soldaten los. Allerdings nicht gleich gegen die verhassten Besatzungsmächte. Zunächst gäbe es laut Napoleon in Italien noch etwas zu tun. Dort spielten sich dann heftige Kämpfe ab. Was aus Napoleon geworden ist, ist allgemein bekannt: Alles verloren, ab auf die Senioreninsel, nichts war mehr mit Befreiung der Polen. Diese zogen dann ernüchtert wieder Richtung Weichsel, um den Aufstand alleine zu versuchen. Dabei sangen sie ein Lied, dessen erste Zeile lautet: „Noch ist Polen nicht verloren.“ Und wenig später heißt es: „Marsch, marsch Dąbrowski, von italienischer Erde nach Polen.“ Bis heute ist dies ihre Nationalhymne.

Noch Fragen? Es gibt keinen Zufall. Hier baut sich ein Mosaik auf aus Geschichten des täglichen Lebens bei der Begegnung zweier Nationen.

Erstaunen, Stolz und Freude nach 35 Jahren

1976 wurde in Polen eine Design-Ausstellung der Bundesrepublik gezeigt. Dazu hatte der Projektleiter Wolfgang Albrecht-Schoeck den Journalisten Dieter Zimmer von „md“ eingeladen. In den 70-ern erschien Osteuropa den meisten Westdeutschen noch als weißer Fleck auf der Landkarte. Nach seinen Eindrücken inspirierte Dieter Zimmer Albrecht-Schoeck, doch über seine Erlebnisse zu schreiben; denn die Ausstellung war 1975 zunächst beim „großen Bruder“ in Moskau gestartet und in Minsk fortgesetzt worden. Danach verweigerten die Sowjets die vereinbarte Schau in Leningrad, zu sehr hatte das 68-er BRD-Team den Design-Apparatschiks zugesetzt.

Als erster Beitrag erschien in „md, Möbel interior design“, die Reportage über ein weißrussisches Dorf, deren Bevölkerung von deutschen Soldaten in übelster Weise vernichtet worden war. Neu war die Form der Erinnerungskultur. Junge russische Architekten und Bildhauer hatten eine für die damalige sowjetische Auffassung unvorstellbar moderne Inszenierung des Terrors geschaffen. (md Juni 1976)

1978 wurde der Kampf einer polnischen Gemeinde für ihre kulturelle Identität gegen den Wahn angeblich sozialistischen Fortschritts beim Städtebau in „md“ gedruckt: Kazimierz Dolny, ein Ort, bei dem im Gesicht fast jeden Polens ein verklärtes Lächeln aufleuchtet.

Den ganzen Artikel lesen…

Und nun hing an der Wand der Galerie KLIMATY die Reportage der „md“ von 1978 über Kazimierz Dolny, Sommersitz der polnischen Könige an der Weichsel auf halber Strecke zwischen den Königsstädten Krakau und Warschau. Der Text in deutsch, englisch und französisch. Daneben die spanische Interpretation von Janos Abkarovits für die DMA, Design-Möbel-Architektur, Barcelona. Kazimierz Dolny in vier Weltsprachen umschwärmt.

Auch FAZ oder DIE ZEIT entdeckten diesen magischen Ort. Aber wie so oft, hatten in diesem Fall die „kreativen Kleinen“ wieder mal die Nase vorn gehabt. „md“ hatte lange vor den Medien-Größen von diesem Juwel berichtet.

Bartek Pniewski, 1976 Designer in Warschau, heute Direktor der Galerie KLIMATY, konnte sich daran erinnern, welche enorme Wirkung die Reportage über Kazimierz Dolny in Kreisen von Kultur und Wirtschaft Polens 1978 erzielt hatte.

Der Sänger Tomek Szwed, der nach der Vernissage am 11.11.11, dem polnischen Unabhängigkeitstag, in der Galerie ein Konzert gab, äußerte seinen Frust darüber, dass nun sein geliebter Käse aus der Bergregion kein polnischer mehr sei.  Wieso eigentlich nicht? Vielleicht hatte ein Soldat Dąbrowskis auf dem Weg nach Italien solch einen lang haltbaren Räucherkäse als Verpflegung dabei, der den italienischen Geschmack traf und dort zum Scarmorzine wurde, als Revanche für die Übernahme der Ravioli als polnische Piroggen. Der 77-jährige Marian Gryta, Künstler aus Lublin, der hier von seinem Sommersitz den Blick auf die Weichsel und Schloß Janowiec hat, stand vor der 1978-er Reportage in der Galerie und lächelte. Vielleicht sann er darüber nach, wie viel Wasser in 35 Jahren hier herunter geflossen ist…

Foto vom 11.11.11 nach 11:11 Uhr

Ausstellung „Von italienischer Erde nach Polen“ ab 11.11.11 um 11:11 Uhr

in der Galerie KLIMATY von Bartek Pniewski, Kazimierz Dolny – Męćmierz

klimaty@kazimierzdolny.pl http://galeria.klimaty-kazimierz.pl/

www.wkazimierzudolnym.pl

http://www.kazimierz-dolny.pl/  Dann dort klicken:

Darunter gibt es noch weitere neun Filme, auch in deutsch und englisch.

Erschienen ist dazu der agabu!*-Kalender mit 52 Motiven für 52 Wochen 2012, bei agabu!*,

Gaillardstraße 28, Remise im Hof, D-13187 Berlin, +49 (0)30-49 90 72 29

www.agabu.eu   agabu@t-online.de

Noch mehr an spannenden Geschichten unter Barbara Keils website www.mythenpflege.de

 

From italian ground to Poland

Napoleon was responsible for all? Yes, of course, too!

Looking to my photos of Italy and Poland I could’nt believe the culturale contacts between Italy and Poland. Not only themes of kitchen like Ravioli and Piroggy. Or smoked cheese from the polish mountain region of Zakopane, which like italian gourmets, with the name Scamorzine.

In mythology of both nations horses are very important like in movies of Andrzej Wajda or the sardegnian story  „12 horses of the tower San Giovanni“.

In the polish town Zamość you feel like in Toskana. Built from the italian architect Bernardo Morando, engaged by the polish marshall Zamoyski, after beating the russians. But who knows today that Zamoyski was rector of university of Padua?

The painter Canaletto did not find in Dresden what exspected, so he went to East, to Warszaw, painting the town of polish kings. This became a great luck after second world war, because Hitler had ordered to destroy all of the town, no stone on another should stay, and no drawings and plans were allowed to exist. The touristic highlight of Warszaw’s reconstruction of old center today could be realized only with the paintings of Canaletto. Another example you find in a graffiti of radicale soccer Hoolygans in Cagliari and the propaganda of sowjetic KGB chief Kalinin against the polish country as „pigdogs“ in 1920. Agressions in politic and society.

The day arrived I had 50 photos of italian polish nearness. In this moment the idea of a calendar was born, 52 pictures for 52 weeks of 2012. Last italian motive I had found on terrasse of a coffeeshop in Sardegna: an attacing rider on horse. Asking the gastronom, who this was, he told: „Guiseppe Garibaldi, fighter for freedom of Italy.“ Now a Polish pendant I had to find. A lot of engaged men and women existed, because from all directions, north, east, south and west, Poland was attaced in hundreds of years. Looking in Google the name Jan Henryk Dąbrowski appeared.

In this moment I was shure that all these examples are not flukes, but the logical consequences of italian polish history. For this adventure of Poland in Italy Napoleon is responsible, of course. He had promised, to install a new polish state on the european map, where Poland did not exist that time. Together it would be possible to beat russian, prussian and austrian armies. Happy about this vision Dąbrowski started with his soldiers to south west, not directly to west, against the occupators. Napoleon decided, it would be important to fight in Italy first. Rough times followed with hard battles there. We know, what happened with Napoleon: All lost and last time of his life a prisoner on island. No help to look for a free Poland. The army went back to East and tried to fight for freedom without any help. During marching home soldiers were singing: „Poland is not yet lost“. And „march, march Dąbrowski, from italian ground to Poland.“ It is the polish national hymn till today.

Any questions to this project? Not a coincidence, what happend here. These photos are stones of a mosaic, showing the story of a lot of meetings in the daily life of two nations.

Astonished, proud and happy still after 35 years

1976 in Poland was a design exhibition of the Federal Republik of Germany realized. The project head Wolfgang Albrecht-Schoeck had the architect and journalist Dieter Zimmer invited. In the 70-s eastern countries of europe looked for west german people like white spots on a map. After the impressions of this journey Dieter Zimmer inspired Albrecht-Schoeck, to write about his occurences. The exhibition’s start was  in „big brother’s“ Moskau. Second town was Minsk. But third place, Leningrad was not allowed, because the  german team of „1968 revolutionaries“ was not compatibily with the sowjetic design apparatschiks.

First report in „md, furniture interior design“, showed a russian village, distroyed by german army in a very brutal way. New for everybody was the style of riminder culture.  Young russian architects and artists realyzed here an never in the USSR seen strong installation (md June 1976).

In 1978  „md“ printed the story about the fight of a polish town for cultural identity against so called socialistic progress in urban planning: Kazimierz Dolny, a symbol, where, hearing this name the face of everybody shows a smile.

Read the complete text…

Now, 2011, you look to the wall of the gallery KLIMATY and see a report of 1978 about Kazimierz Dolny, beside the river Wisła, on half way between the king’s towns Kraków and Warshaw, text in german, english and french. Next the spanish interpretation, realized by Janos Abkarovits for „DMA, design-furniture-architecture“, Barcelona. Four world languages enthusiastic for Kazimierz Dolny.

German „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ and „DIE ZEIT“ wrote about this magic place, too. But „md“ informed the creative szene a long time earlier. Bartek Pniewski, 1976 Designer in Warshaw, today director of gallery KLIMATY, remembers the great resonance in circels of art and culture.

Singer Tomek Szwed presented after vernissage at 11.11.11, the polnish day of independance, in the gallery a concert. He talked about his frustration that his cheese from Zakopane should not be a polish one.  But, why not? May be, a polish soldier  had on his way to Italy this long time useable product in his baggage, Italians tested it and decided to produce it as Scarmorzine. This became revanche für taking over  italian ravioli, called now piroggy. Marian Gryta, 77 years old, artist from Lublin, has on terrasse of his summer residence a fantastic panorana to river Wisła and castle Janowiec. Looking to the gallery’s wall with the 1978-er report about Kazimierz Dolny he smiled, may be thinking about, how much water was running down in 35 years…

Photo, 11.11.11 after 11:11 Uhr

klimaty@kazimierzdolny.pl http://galeria.klimaty-kazimierz.pl/

www.wkazimierzudolnym.pl

http://www.kazimierz-dolny.pl/  Here to click:

You can find nine movies more, in english, N°8, and german, N°5, too.

agabu!*-Kalender with 52 motives for 52 weeks 2012, you can order from agabu!*,

Gaillardstraße 28, Remise im Hof, D-13187 Berlin, +49 (0)30-49 90 72 29

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